Digitalisierung der Wirtschaft 2025: Zwei Seiten einer Medaille

Stand der Digitalisierung/Automatisierung
Die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft zeigt 2025 ein zweigeteiltes Bild: Während die Digitalbranche laut Bitkom stark wächst, kämpfen viele Unternehmen laut DIHK weiterhin mit strukturellen Hürden bei der Umsetzung.

Die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft schreitet 2025 sichtbar voran – zumindest auf dem Papier. Die aktuelle Bitkom-Studie „Digitalisierung der Wirtschaft 2025“  und die Digitalisierungsumfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) liefern allerdings ein differenziertes Bild. Während Bitkom auf ein starkes Marktwachstum in der Digitalbranche verweist, zeigen die DIHK-Zahlen, dass viele Unternehmen in der praktischen Umsetzung nach wie vor mit grundlegenden Herausforderungen kämpfen. Digitalisierung bleibt vielerorts ein Mittel zur Effizienzsteigerung – nicht der Treiber disruptiver Geschäftsmodelle.

Digitaler Markt wächst – betriebliche Realität stagniert

Laut Bitkom steigt der Umsatz der ITK-Branche 2025 um 4,6 % auf 232,8 Milliarden Euro. Besonders stark wachsen dabei Software (+9,8 % auf 51,1 Mrd €), IT-Dienstleistungen (+4,8 %) sowie der Markt für IT-Hardware (+3,3 % auf 53,7 Mrd €). Die Zahl der Beschäftigten in der Digitalwirtschaft steigt um 20.000 auf 1,371 Millionen.

Im Kontrast dazu bewerten die von der DIHK befragten über 4.000 Unternehmen ihren eigenen Digitalisierungsstand weiterhin nur mit der Schulnote 2,8 – wie schon im Vorjahr. Nur 10 % der Betriebe sehen sich selbst als „Vorreiter“ der Digitalisierung, 32 % immerhin als „gut aufgestellt“, während rund 58 % sich eher im Mittelfeld oder im Rückstand sehen.

Digitalisierung als Effizienzwerkzeug statt Innovationsmotor

In beiden Studien zeigt sich: Die meisten Unternehmen nutzen digitale Technologien zur Optimierung bestehender Prozesse. Bei der DIHK geben 74 % der Befragten an, mit Digitalisierung vor allem Effizienzsteigerungen zu erzielen. Nur 31 % berichten von digitalen Innovationen im Sinne neuer Produkte oder Geschäftsmodelle.

Bitkom zufolge bezeichnen sich 64 % der Unternehmen als digitale Nachzügler, 2 % glauben sogar, den digitalen Anschluss bereits verloren zu haben. Die Digitalisierung verläuft vielerorts defensiv – als Reaktion auf externe Herausforderungen wie Fachkräftemangel oder steigende Energiepreise.

Künstliche Intelligenz: Interesse und Anwendung wachsen

Im Bereich Künstliche Intelligenz zeigt sich ein deutlicher Aufwärtstrend. Laut Bitkom wächst der Markt für KI-Plattformen 2025 um 43 % auf 2,3 Milliarden Euro. Parallel dazu nutzen laut DIHK inzwischen 38 % der Unternehmen KI-basierte Anwendungen (2024: 27 %). Weitere 32 % planen den Einsatz innerhalb der nächsten drei Jahre.

Die häufigsten Einsatzbereiche: Prozessautomatisierung, Kundenservice (z. B. Chatbots), Qualitätssicherung und Datenanalyse. Damit wird KI schrittweise zum festen Bestandteil betrieblicher Digitalisierung – wenn auch mit Fokus auf konkrete Anwendungsfälle, weniger auf strategische Umwälzungen.

Hemmnisse: Datenschutz, Fachkräftemangel und Komplexität

Bitkom nennt als größte Hemmnisse: Datenschutzanforderungen (88 % der Unternehmen), Fachkräftemangel (74 %), Zeitmangel (60 %) und fehlende finanzielle Mittel (55 %). Auch die DIHK bestätigt diese Problemlage: An der Spitze stehen hier fehlende zeitliche Ressourcen (60 %), hohe Komplexität der Digitalisierung (54 %) und Kosten (42 %). Knapp 40 % nennen außerdem IT-Sicherheitsbedenken, 35 % sehen Unsicherheiten in der rechtlichen Ausgestaltung als Hindernis.

Die Zahlen zeigen: Die Digitalisierung scheitert nicht an der Technik – sondern am Mangel an Klarheit, Personal und Struktur.

Infrastruktur und Verwaltung: Rückstand trotz Wachstum

Während der Bitkom-Marktbericht starke Zuwächse bei digitalen Infrastrukturleistungen wie Infrastructure-as-a-Service (+24,4 % auf 6,2 Mrd €) und Cloud-Diensten (+17 %) verzeichnet, bleibt der betriebliche Netzzugang vielerorts ein Problem. Laut DIHK sind nur 73 % der Unternehmen mit ihrer Internetanbindung zufrieden – ein Wert, der sich seit 2023 kaum verbessert hat. Besonders Unternehmen im ländlichen Raum berichten von Engpässen bei Bandbreite und Verfügbarkeit.

Auch die öffentliche Verwaltung gilt als Digitalisierungsbremse: 55 % der Unternehmen sehen in nicht-digitalen Behördenprozessen ein Hindernis für ihre eigene digitale Transformation.

Cybersicherheit: Gefahrenbewusstsein wächst – Reaktionen bleiben begrenzt

Bitkom meldet für 2025 einen Anstieg der Ausgaben für Sicherheitssoftware um 11 % auf 5,1 Milliarden Euro. Die DIHK-Umfrage zeigt jedoch, dass das Sicherheitsniveau der Unternehmen häufig nicht mit der Bedrohungslage Schritt hält: 50 % der mittleren und größeren Betriebe waren bereits von IT-Sicherheitsvorfällen betroffen, bei kleinen Unternehmen immerhin 18 %. Zwar setzen viele Firmen auf Firewalls, Backups und regelmäßige Updates, aber nur ein Bruchteil führt regelmäßige Notfallübungen oder Schulungen durch.

Forderungen an die Politik: Steuerung, Förderung, Infrastruktur

Beide Verbände fordern politische Konsequenzen: Die Bitkom empfiehlt eine ganzheitliche Digitalstrategie 2025, innovationsfreundliche Regulierung, die Einrichtung eines Digitalministeriums bzw. einer Digitalagentur sowie ein stärkeres Gleichgewicht zwischen Datenschutz und Datennutzung. Die DIHK wiederum betont die Notwendigkeit eines flächendeckenden Glasfaserausbaus, Bürokratieabbaus und gezielter KI-Förderung, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen. Über 75 % der DIHK-Befragten halten bessere politische Rahmenbedingungen für entscheidend.

Fazit: Zwei Seiten derselben Medaille

Bitkom liefert ein Bild wachsender Marktpotenziale, steigender Umsätze und eines florierenden ITK-Sektors. Die DIHK hingegen zeigt die betriebliche Realität: Für viele Unternehmen bleibt Digitalisierung mühsam, teuer und komplex. Es fehlt nicht an Technologie – sondern an Zeit, Personal, Klarheit und politischen Rahmenbedingungen.

Wenn Deutschlands Wirtschaft die Potenziale der Digitalisierung wirklich ausschöpfen will, müssen Technologie, Unternehmen und Politik besser zusammenspielen – und die Digitalisierung vom Infrastrukturproblem zur echten Innovationsstrategie weiterentwickeln.