New Work - eine Definition

New Work
Der Begriff „New Work“ stammt vom Philosophen Dr. Frithjof Bergmann. Was bedeutet das genau und wie leben wir die "New Work" bei think tank?

Der Begriff "New Work"

Der Begriff „New Work“ wurde Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre, von dem 1930 in Sachsen geborenen, österreichisch-US-amerikanischen Philosophen Dr. Frithjof Bergmann entworfen. Frithjof wanderte in seinen Zwanzigern in die USA aus, schlug sich dort zunächst mit Nebenjobs durch, lebte zeitweilig in Selbstversorgung auf dem Land und schrieb Theaterstücke. Er studierte in Princeton, promovierte über Hegel und erhielt verschiedene Lehraufträge an angesehenen, amerikanischen Universitäten.

Sein Begriff „New Work“ erfasst den Zeitgeist, der beschreibt, dass die Industrialisierung längst vorbei ist, der Kommunismus keine Zukunft hat und der Kapitalismus den Menschen nicht glücklich macht. Er sieht die Chancen, die technologische Innovationen bringen können und kreiert daraus nicht nur ein Konzept „Neuer Arbeit“, sondern fast schon das Konzept einer neuen Gesellschaft. Bergmann führt die innovativen Produktionsmöglichkeiten zu einer kompletten Veränderung der Herstellungsketten und damit zu einer Wandlung von Arbeit und Gesellschaft. Dank 3D Drucker und Co. müssen Produkte nicht mehr in großen Fabrikhallen fernab produziert werden, sondern können lokal auf kleinstem Raum erstellt werden.

Dieser Wandel von der Globalisierung zurück zur lokalen Produktion wirkt sich nicht nur auf Unternehmen, Produzenten und Konsument aus, sondern auch auf die Arbeitskultur und das Zusammenleben der Menschen. Prägend für seinen Begriff „New Work“ ist die Vorstellung, dass die kapitalistisch geprägte Arbeit, wie wir sie heute kennen und die er als geistig und körperlich lähmend beschreibt, größtenteils reduziert werden kann und einem Arbeitsmodell weicht, dass auf Arbeit in Gemeinschaftsproduktion setzt und Platz schafft für Arbeit, die dem Einzelnen entspricht, und die er wirklich gerne leisten möchte. Hier beschreibt Bergmann zusammengefasst seine Gedanken zum Thema „New Work“.

„New Work“ heute – Disruptive Digitalisierung & Work-Life-Merging

Der Begriff „New Work“ ist mittlerweile in aller Munde. Und, wie schon in dem ursprünglichen Begriff angelegt, greift er auch in der Gegenwart aktuelle technologische Innovationen auf und formt daraus eine neue Arbeits-Zukunft. Er lenkt den Blick auf die disruptiven Veränderungen, forciert durch Digitalisierung, Globalisierung, den Wissenszuwachs und den demographischen Wandel, die zu einem Wandel auf gesellschaftlicher und technologischer Ebene führen und damit auch in der Arbeitswelt – in Unternehmen und Organisationen sichtbar und spürbar werden.

Allen voran, prägen die aus der Digitalisierung geborenen Innovationen die heutige Arbeitswelt: Big Data – riesige Datenmengen bieten die Basis für immer feinere IT-Lösungen, Mobile Devices und Cloud Computing erhöhen Flexibilität und Unabhängigkeit. Der Trend hin zur „Connectivity“ verändert die Kommunikation und fördert ebenfalls das ortsungebundene Arbeiten durch schnellstmöglichen Zugriff auf unterschiedlichste Hilfsmittel und die Einbindung unterschiedlichster Geräte. Automatisierung und KI werden immer ausgereifter.

Auf der einen Seite führen diese umwälzenden Innovationen zu einem Hype, der Utopien in die Arbeitswelt schreibt: agile, kreative, innovative Menschen folgen ihren Bedürfnissen, erschaffen kreative Wunderwerke auf Crowedworking-Plattformen in Shared Offices Spaces oder irgendwo verstreut in den buntesten Ecken der globalisierten Welt, denn das Internet machts möglich. Sie machen Ihre Hobbies zum Beruf und leben ein Leben mit ausgeglichener Work-Live-Balance. New Work führt nicht zu einer Entgrenzung der Arbeit, die das Privatleben bedrängt, sondern zu einem fließenden ineinander übergehen von Leben und Arbeit. Arbeit ist kein störender Faktor mehr im Leben, der eben geleistet werden muss, um den Lebenserhalt zu finanzieren, sondern ein geliebter Teil des Lebens, der die Plattform bietet seinen Neigungen zu folgen. Arbeit wird zum Transformator, der dazu dient Leidenschaft in Lebensunterhalt zu wandeln.

Die Folgen der Automatisierung

Auf der anderen Seite steht die Angst vor der Veränderung und die Befürchtung, dass der Wandel Arbeitsplätze vernichtet und die Schere zwischen reich und arm weiter aufreißt. Osborn und Frey nehmen dies in ihrer 2013 veröffentlichten Studie zum Thema. Sie beforschen, was im Zuge der Automatisierung von vielen Seiten sorgenvoll betrachtet wird: inwiefern werden die arbeitsbezogenen Tätigkeitsstrukturen zukünftig von den eben angesprochenen Entwicklungen beeinflusst sein und welche Auswirkung wird das auf die Gestaltung bzw. Notwendigkeit zukünftiger Arbeitsstellen haben.

Ihre Einschätzung unterteilt Jobs in solche, die leichter zu automatisieren sind und solche, die in den kommenden 20 Jahren, auf Grund technischer Engpässe, eher schwieriger zu automatisieren sein werden. Zu diesen, eher schwieriger zu automatisierenden Tätigkeiten zählen Tätigkeiten, die auf der Fähigkeit beruhen, sich in komplexen und unstrukturierten Umgebungen zurechtzufinden, Tätigkeiten, die soziale und emotionale Intelligenz erfordern und kreative Tätigkeiten. Zudem ist es in der Debatte sinnvoller nicht von kompletten Jobs zu sprechen, die wegfallen werden, sondern von Tätigkeitsfeldern innerhalb einer Jobbeschreibung, was dann die Kapazität für neue Tätigkeitsfelder öffnet. (vgl. Frey, Osborn 2013)

Die Angst vor nicht abzuschätzenden Folgen dieser Entwicklung führt zu vielen Spekulationen. „Auf widersprüchliche bzw. paradoxale Effekte der Einführung und der Nutzung digitaler Technologien weisen seit längerem die Arbeitswissenschaften und die arbeitspsychologischen Forschungen hin. Sie zeigen, dass mit fortschreitender Automatisierung und der damit verbundenen Steigerung der Komplexität der Systeme oftmals nur mehr eine begrenzte Beherrschbarkeit der Technologien, damit ein hohes funktionales und ökonomisches Störpotential und unkalkulierbare Anforderungen an das Arbeitshandeln einhergehen.“ (Hirsch-Kreinsen 2015, S. 16)

Brzeski und Burk sprechen in ihrer Studie von 2015 “Die Roboter kommen – Folgen der Automatisierung für den deutschen Arbeitsmarkt”, davon dass auch in Deutschland zunehmend Tätigkeiten aus dem administrativen Bereich wie Büro- oder Sekretariatsaufgaben und Hilfstätigkeiten wie Post- und Zustelldienste sowie Tätigkeiten in der Lagerwirtschaft, im Verkauf oder im Bereich der Gastronomie „robotisiert“ werden. „Folgt daraus nun zwingend die menschenleere Fabrik? Nein. Die Industrie 4.0 funktioniert nämlich nur durch vernetzte Kommunikation, welche neue Herausforderungen mit sich bringt und neue Standards in der Netzwerkkommunikation setzt. Dadurch wird die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine gefördert. So werden viele neue Arbeitsplätze entstehen, die sich an die veränderten Umstände anpassen.“ (Brzeski, Burk 2015)

Dr. Georg Jochum, der den Lehrstuhl für Wissenschaftssoziologie an der TU München inne hat, interpretiert die Studie von Brzeski und Burk in seinem Vortrag „Nachhaltige Arbeit und New Work – Ist die sozial-ökologische Transformation der Arbeitsgesellschaft möglich?“ auf den Wissenschaftstagen 2018 in München als „Kybernetisierung von Arbeit“. So spricht er von einer zunehmenden Fremdsteuerung im Rahmen einfacher Tätigkeiten durch kybernetische Technologien, wie beispielsweise durch Smart Glases oder Smart Gloves, die bei Lagerarbeiten zum Einsatz kommen und deklariert diesen Trend als „digitalen Taylorismus“. Er befürchtet durch die zunehmende Verknüpfung von Selbststeuerung und kybernetischer Fremdsteuerung z. B. im Rahmen von Crowdworking die Entstehung eines digitalen Prekariats.

Zudem plädiert er ausdrücklich für eine Bewusstseinsschärfung des Nachhaltigkeitsbegriffs im Kontext „Arbeit“: Digitalisierung und neue Technologien bedeuten nicht nur Freiheit, Flexibilität, zunehmend einfachere Kommunikationsmöglichkeiten und den Zuwachs von Information, sondern auch einen zunehmenden Bedarf an Konfliktmetallen, aus denen diese Technologien bestehen und einen wachsenden Energieverbrauch der häufig in Vergessenheit gerät. Gerade mit Blick auf die Globalisierung ist nicht nur jeder Einzelne vom Wandel betroffen, sondern auch aufgerufen in die Verantwortung zu gehen und den Wandel aktiv mitzugestalten.

New Work bei think tank

Natürlich ist die Zukunft nicht vorhersehbar, die Wahrheit liegt wohl irgendwo zwischen den Extremen – zwischen flexiblen, kreativen crowdworking digital Natives, die ihre Arbeit glücklich umherhüpfend auf einer Südseeinsel verrichten, auf der einen Seite und von Robotern kontrollierten Cyborgs, die als menschliche Sklaven der Maschinen trostlos am Fließband im Regen stehen, auf der anderen Seite.

Wir bei think tank haben unseren ganz eigenen „New Work Weg“ gefunden: wir füllen unser Creative Spaces mit Klebefolien auf denen all die bunten, crazy Ideen stehen, die nur so aus uns heraussprudeln und nehmen uns die Zeit, uns damit zu beschäftigen und sie voranzutreiben. Wir genießen den Freiraum von mobilem Arbeiten und Desk Sharing und die Möglichkeit uns an Testprojekten auszutoben und ständig Neues dazuzulernen.

Und läuft man hier einem Kollegen oder einer Kollegin auf dem Flur übern Weg, dann tendenziell glücklich hüpfend, mit einem Grinsen im Gesicht – ein gutes Zeichen.

Brzeski, Carsten; Burk, Inga (2015): Die Roboter kommen – Folgen der Automatisierung für den deutschen Arbeitsmarkt. Studie von ING DIBA. Online verfügbar unter https://www.ing-diba.de/binaries/…/ing-diba-economic-analysis_roboter-2.0.pdf, zuletzt geprüft am 13.11.2018

Frey, Carl Benedikt; Osborn, Michael A. (2013): The future of employment: how susceptible are jobs to computerisation? Studie. University of Oxford.

Hirsch-Kreinsen, Hartmut (2015): Digitalisierung von Arbeit: Folgen, Grenzen und Perspektiven. Soziologisches Arbeitspapier. Technische Universität Dortmund, Dortmund. Online verfügbar unter http://www.wiwi.tu-dortmund.de/wiwi/de/forschung/gebiete/fp-hirschkreinsen/forschung/soz_arbeitspapiere/AP-SOZ-43.pdf, zuletzt geprüft am 04.04.2015.

Inhalt: