Kanban vs. Scrum? Welche Methode führt zum Erfolg?
Vor- und Nachteile agiler Arbeitsweisen
Wer sich für agiles Arbeiten entscheidet, hat bei den Methoden die Qual der Wahl. Kanban, Scrum oder Lean Management sind nur einige der Stichwörter, die beim Thema in aller Mund sind. Oft ist es Srum mit seinen genau getakteten Sprints und User Stories, wofür sich Verantwortliche entscheiden. Ob diese Entscheidung die richtige war, wird manchmal erst nach einem längeren Weg aus Versuch und Irrtum klar. Wie lässt sich ein solcher Fehlgriff vermeiden?
Entscheidungskriterien für agile Entwicklungsmethoden
Hierzu gibt es keine allgemein gültige Antwort, doch einige Kriterien können helfen, eine Neuausrichtung mitten in einem Arbeitsprozess vorzunehmen. Am besten lässt dies sich im Fall einer Wahl zwischen Kanban und Scrum anhand eines Negativbeispiels erklären. Denn auch beim agilen Arbeiten gilt, dass Fehler die besten Lehrmeister sind.
In unserem Fall stand der Kunde vor der Herausforderung ein Team zu organisieren, das an unterschiedlichen Standorten arbeitete und deren Teilnehmer nicht alle dieselbe Sprache sprachen. Also die besten Voraussetzungen für agiles Arbeiten. Die Aufgabe bestand darin, dass ein in Betrieb befindliches Produkt weiterzuentwickeln. Deshalb fiel die Wahl der agilen Methode auf Scrum. Mit seinen klar strukturierten Blöcken, den Sprints und den fest umrissenen Anforderungen, die in User Stories beschrieben werden, ist diese Methode bei Produktentwicklungen sehr beliebt.
Anpassung der agilen Vorgehensweise
Problematisch wurde in unserem Fall aber genau das, was ansonsten ein Vorteil ist: Die genau auf das Team abgestimmten Anforderungen passten zwar zum Auftrag, das Produkt weiterzuentwickeln. Zusätzlich musste das Team aber den weiterlaufenden Betrieb und Support übernehmen. Dadurch kamen zu den bereits bestehenden Aufgaben immer wieder kritische Defekts hinzu, deren Bearbeitung nicht bis zum nächsten Sprint warten konnten. Die Arbeitsbelastung der einzelnen Team-Mitglieder stieg, da sie sich ihrem Commitment zu den User Stories verpflichtet fühlten.
Eine Anpassung der Methode wurde notwendig. Nach reiflicher Überlegung fiel die Entscheidung, die Aufgabenstellung mit Kanban umzusetzen. Fortan lief sowohl die Weiterentwicklung als auch der laufende Betrieb ohne weitere Probleme. Doch warum war die Kanban- in diesem Fall besser geeignet als die Scrum-Methode?
Unterschied Scrum Kanban
Dazu ist es sinnvoll, sich die grundsätzlichen Unterschiede in der Methodik der beiden Vorgehensweisen anzusehen. Auf der einen Seite haben wir Scrum. Hier werden für einen bestimmten Zeitraum genau spezifizierte Arbeitsumfänge festgelegt und im täglichen Daily der Fortschritt mitgeteilt. Hierbei ist nicht geplant, dass sich die Anforderungen im Lauf eines Sprints ändern oder weitere hinzukommen, was bei einer genau umrissenen Aufgabenstellung ohne „Störfaktoren“ wunderbar funktioniert.
Bei der Kanban-Methode hingegen geht es vor allem darum, einen kontinuierlichen Arbeitsfluss zu etablieren. Dazu werden in verschiedenen sogenannten Status-Spalten, die einzelnen Arbeitsabläufe von der Idee bis zum Erledigen der Aufgabe sichtbar gemacht. Startpunkt ist meist eine Sammlung der priorisierten anstehenden Issues, die von den einzelnen Team-Mitgliedern selbst gezogen werden. Das Geniale daran ist, dass unter den einzelnen Überschriften der Tabellen nur eine bestimmte Anzahl von Tasks stehen darf, d.h. es können nicht beliebig viele Aufgaben neu begonnen werden, bevor nicht andere beendet wurden.
Vorteile der Kanban Methode
Das führt dazu, dass Aufgaben auch zu Ende geführt werden, ermöglicht aber im Gegensatz zu Scrum, dass neue Anforderungen/Ideen in den Prozess mit eingespeist werden können. Dabei ist natürlich eine Priorisierung der Aufgaben und ebenso eine Überwachung notwendig, damit auf dem Weg zur Erledigung nicht irgendwelche „Aufgabenleichen“ liegen bleiben. Für diese Kontrolle des kontinuierlichen Ablaufs ist der Product Owner zuständig, um sicherzustellen, dass keine Aufgaben liegen bleiben.
Ein weiterer Unterschied besteht im Fokus bei den Dailies. Während bei Scrum die Team-Mitglieder im Mittelpunk stehen, geht es bei Kanban eher darum, die Aufgaben zu organisieren und Lösungen für auftretende Problemen zu finden.
Mehr Flexibilität und höherer Arbeitsfluss durch Kanban
In unserem Fall wurde deutlich, dass Kanban die Methode der Wahl sein musste, da sie zwei Anforderungen erfüllt, die für die erfolgreiche Umsetzung im Sinne des Kunden notwendig war: Es war möglich, neu auftretende Problemstellungen einzuspeisen und garantierte durch den Fokus auf den Arbeitsfluss, dass sowohl die längerfristig planbaren als auch neu hinzukommende Aktivitäten erledigt wurden.
Was wir daraus gelernt haben, ist, dass es von Anfang wichtig ist, genau zu untersuchen, welche Faktoren bei der Erledigung einer Aufgabe eine Rolle spielen, um die passende Methode zu finden. Ganz im Sinne der Agilität und der damit implizierten Fehlertoleranz ist der Mut gefordert, eine bereits getroffene Entscheidung zu revidieren und neu zu bedenken, wenn nach Start der Anwendung klar wird, dass man sich bei der Wahl der Methode geirrt hat.